Welche Methoden des Kaiserschnittes gibt es eigentlich?
Früher bedeutete ein Kaiserschnitt einen langen, großen und deutlich sichtbaren Schnitt an der Bauchdecke. Dieser Schnitt würde ein Leben lang sichtbar bleiben, auch nach Jahren der Heilung. Dank moderner, schonender Methoden gehört das heute der Vergangenheit an. Selbst ein beinahe echtes Geburtserlebnis wie bei einer vaginalen Entbindung kann der Frau heute geboten werden, wenn sie das möchte. Kaiserschnitte gelten nach wie vor als große operative Eingriffe, denn sie hinterlassen tiefliegende Wunden und brauchen Wochen bis Monate für die Heilung. Moderne Kaiserschnittmethoden erleichtern den Patientinnen aber dennoch die Geburt, die Heilung und den Alltag nach dem Eingriff.
Die Art der Anästhesie
Kaiserschnitte unterscheiden sich bereits bei der Art der Betäubung. Handelt es sich um einen Notfall, dann wird die Frau in der Regel voll narkotisiert. Das hat mehrere Gründe. Einerseits wirkt eine Vollnarkose schneller und ist unter Stress leichter zu setzen als eine Teilbetäubung. Außerdem ist die Patientin in einer Notfallsituation psychisch meist schon so belastet, dass es besser für sie ist, wenn sie den Eingriff nicht mitbekommt. In einer Notfallsituation kann niemand auf die Patientin eingehen, sondern es geht nur darum, das Leben von Mutter und Kind zu retten. Handelt es sich um einen geplanten Kaiserschnitt, steht es der Frau frei, was sie will. Geraten wird zu einer Teilanästhesie, etwa zur Spinal- oder Periduralanästhesie. Dadurch kann die Patientin ihr Neugeborenes gleich nach der Entbindung kennen lernen und der Körper muss die Strapazen einer Vollnarkose nicht auf sich nehmen. Wünscht die Frau diese aber ausdrücklich, dann ist auch das möglich.
Sanfter Kaiserschnitt: die Misgav-Ladach-Methode
Im Misgav-Ladach-Krankenhaus in Jerusalem wurde die sogenannte sanfte Methode erstmals angewandt. Das herkömmliche Verfahren hinterließ einen sichtbaren, größeren Schnitt an der Bauchdecke, die Heilung dauerte lang und die Patientin musste danach eine ganze Weile im Krankenhaus verbleiben. Bei der sanften Methode wird zwar ebenfalls die Bauchdecke eröffnet, allerdings über einen kleinen Schnitt oberhalb der Schamhaargrenze. Die darunter liegenden Schichten werden nicht mehr geschnitten, sondern mit den Fingern eingerissen. Ist das Baby aus dem Bauch gehoben worden, dann werden die eröffneten Schichten bis zum Bauchfell gar nicht mehr genäht, sondern einer natürlichen Heilung überlassen. Der Schnitt wird einreihig vernäht und die Patientin dann auf die Wochenbettstation gebracht. Die Heilung geht dadurch schneller und besser, Komplikationen werden verringert und vor allem kann die Frau schneller wieder nach Hause, um sich in ihrer gewohnten Umgebung um ihr Neugeborenes zu kümmern. Der Klinikaufenthalt dauert nur noch 4-6 Tage, je nach OP-Verlauf und Verfassung der Patientin.
Tipp: Kaiserschnittgeburt nach Fisk
Die Kaiserschnittmethode wurde nach ihrem Erfinder, dem Australier Nick Fisk benannt, und ist im Grunde die Weiterentwicklung des sanften Kaiserschnitts. Heutzutage ist es üblich, die Frau nur in Teilnarkose zu versetzen, damit sie die Geburt miterleben kann. Entscheidend für die Bindung zwischen Mutter und Kind ist es, dass die beiden sich so schnell wie möglich kennen lernen und dass das Baby gestillt werden kann. Diese komplizierte Verbindung zwischen Mutter und Kind soll durch die Kaiserschnittmethode nach Fisk noch gestärkt werden, indem bereits die Schnittentbindung einer echten Geburt nachempfunden wird. Die Patientin erhält eine Teilnarkose, doch bevor das Baby aus dem Bauch gehoben wird, wird das OP-Tuch gesenkt und die Patientin darf zusehen. Keine Angst: Skalpelle oder Blut sind nicht sichtbar. Die Frau darf sogar mitpressen, wenn sie möchte – dank Spinalanästhesie ist das noch möglich und fühlt sich kaum anders an als bei einer vaginalen Entbindung mit Anästhesie. Ist das Baby geboren, wird das OP-Tuch wieder angebracht und die Wunde versorgt. Auf diese Weise hat die Mutter ein Geburtserlebnis, das nah an eine natürliche Geburt herankommt.
Wie sanft sind Kaiserschnitte wirklich?
Heutzutage sind diese beiden Kaiserschnittmethoden diejenigen, die am häufigsten angewendet werden. Lediglich im Notfall kann es sein, dass die Schnitte größer oder anders ausfallen müssen – das hängt von der Situation ab. Doch wie sanft ist so ein Kaiserschnitt wirklich? Patientinnen müssen wissen, dass es sich bei dem Eingriff nach wie vor um eine große OP handelt, die auch Risiken birgt. Manchmal geht es nicht anders, das Baby muss auf diesem Wege auf die Welt kommen, denn andernfalls wären Gesundheit von Frau und Kind in Gefahr. Die heutigen sanften Methoden sind gegenüber früheren Techniken allerdings schon wesentlich besser, trotz der nach wie vor bestehenden Risiken. Der Klinikaufenthalt kann verkürzt werden, die Heilung geht schneller und es entsteht lediglich eine kleine, unauffällige Schnittnarbe, die mit der Zeit heller wird. Dank der verbesserten Heilung könnte bei einer nachfolgenden Schwangerschaft sogar über eine natürliche Entbindung nachgedacht werden.
Beeinflusst die Kaiserschnittmethode das Bonding?
Berechtigterweise machen sich Frauen Gedanken darüber, ob ein Kaiserschnitt die Bindung zu ihrem Kind beeinträchtigen kann. Ein Teil dieser Bindung entsteht auch dadurch, dass bei der natürlichen Geburt der Schmerz nachlässt und dann das Baby da ist. Die frisch gebackene Mutter sieht sofort, wofür sie all das auf sich genommen hat, und wird von Mutterliebe für das kleine Wesen überwältigt, das sie jetzt ansieht. Dieses Erlebnis wird bei einem Kaiserschnitt in Teilnarkose nachempfunden, indem die Mutter ihr Baby gleich nach der Entbindung ansehen und je nach körperlichem Zustand während des Kaiserschnitts auch in den Arm nehmen kann. Beim Kaiserschnitt in Vollnarkose bekommt sie das nicht mit, ihr wird ihr Baby fertig versorgt und gereinigt gebracht. Dadurch kann die Frage aufkommen: Ist das wirklich mein Kind? Was ist hier gerade passiert? Kaiserschnitt-Mütter brauchen daher eine Weile, bis sie sich ans Muttersein angepasst haben. Die Kaiserschnittmethode nach Fisk umgeht dieses Risiko besonders gut, denn hierbei nehmen sich die Ärzte die paar zusätzlichen Minuten, die es braucht, um Mutter und Kind ihren ersten Blickkontakt zu ermöglichen. Die Frau sieht ihr Baby so, wie es geboren wurde, und nicht erst dann, wenn es seinen ersten Strampler trägt. So banal es klingt, doch dieser Moment kann einen großen Unterschied ausmachen und den Schritt ins Leben als Mutter erleichtern – egal, ob es das erste Kind ist oder die Patientin bereits weitere Geburten überstanden hat.
Quellen:
https://geburtsmedizin.charite.de/leistungen/kaisergeburt/
https://www.tk.de/techniker/service/gesundheit-und-medizin/schwangerschaft-und-geburt/der-schonende-kaiserschnitt-2010144